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Oliver Reiser

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Die Chemie des Riesenbärenklaus (Herkulesstaude)

von Oliver Reiser

Der Riesenbärenklau macht sich in unseren Regionen breit. Eine Berührung mit dieser Pflanze ist nicht nur äußerst schmerzhaft, sondern bewirkt DNA-Schäden, die langfristig zu Krebs führen können. © Chemie-im-Alltag 2008.

RiesenbaerenklauSie ist schön anzusehen! Eine imposante, bis zu 3.5 Meter hoch werdende und mit prächtigen weissen Blüten geschmückte Pflanze ist in diesem Jahr in unseren Landen besonders häufig anzutreffen. Der ursprünglich aus dem Kaukausus stammende Riesenbärenklau, auch aufgrund seine Größe als Herkulesstaude bekannt, breitet sich zunehmend in ganz Europa aus. Vormals meist in Fluss- und Bachtälern zu finden, siedelt sich diese Pflanze nun auch zunehmend an trockeneren Standorten, etwa an mit Bauschutt belassenen Wegrändern an.

Vorsicht – auch die Natur produziert chemische Kampfstoffe

Äußerste Vorsicht ist im Umgang mit dem Riesenbärenklau geboten: Berührungen der Pflanze mit bloßer Haut sind unter allen Umständen zu vermeiden. In Kombination mit Tageslicht rufen die im Riesenbärenklau vorhandenen Substanzen nicht nur schmerzende Quaddeln auf der Haut, sondern schwer heilende Verbrennungen ähnlich denen eines Sonnenbrands hervor, die mit einer DNA-Schädigung einhergehen und so als Langzeitfolge Krebs auslösen können. So hat es in diesem Jahr bereits mehrere schwerwiegende Unfälle gerade von Jugendlichen gegeben, die aus Unwissenheit die bei uns weitgehend unbekannte Pflanze untersuchen wollte, und dabei mit ihr in Kontakt kamen.

ZwiebelAbwehrstoffe der Brennnessel und Zwiebel

Viele Pflanzen setzen als Abwehrstoffe Säuren ein, etwa die Brennnessel (Ameisensäure) oder die Zwiebel (Propanthial-S-oxid, das mit Wasser zu Schwefelsäure hydrolysiert). Eine Berührung ist unangenehm, aber letztendlich nicht gefährlich und durch Waschen mit Wasser oder Neutralisation mit Seife leicht zu lindern. Der Riesenbärenklau geht sehr viel raffinierter vor: Die in ihm vorhandenen photoaktiven Substanzen gehen eine Reaktion mit den DNA-Basen ein, wobei einerseits einzelne DNA-Stränge geschädigt werden, aber sogar auch die Vernetzung von zwei DNA-Strängen hervorgerufen werden kann.

Xanthonin-DNADie Abwehrstoffe des Riesenbärenklaus

Die für die gefährliche Wirkung des Riesenbärenklaus verantwortlichen Substanzen sind so genannte Furanocumarine, etwa das Xanthotoxin (Abbildung links). Die darin enthaltene Cumarineinheit (blau) und die Dihydrofuraneinheit (rot) sind beide in der Lage, eine Photoreaktion, genauer gesagt eine [2+2]-Cycloaddition mit den DNA-Basen einzugehen. Anders als bei einem Sonnenbrand, bei dem durch energiereiche UV-Strahlung initiiert eine analoge Photoreaktion zwischen DNA-Basen abläuft, werden Furanocumarine schon durch das wesentlich energieärmere, aber bei jedem Wetter vorhandene Tageslicht zur Reaktion mit einer DNA-Base angeregt.

Cumarine sind übrigens auch in bestimmten Sorten Zimt enthalten, weshalb das so zu Weihnachten beliebte Zimtgebäck nicht unproblematisch ist.

Vorsichtsmaßnahmen

Wenn Sie den Riesenbärenklau auf öffentlichem Gelände entdecken, insbesondere an Plätzen, an denen Kinder spielen, sollten Sie umgehend die örtliche Gemeinde benachrichtigen. Versuchen Sie nicht, die Pflanzen selbst zu entfernen, hierfür ist Vollschutzkleidung erforderlich! Auch sollten Sie Ihre Kinder auf die möglichen Gefahr hinweisen und sicherstellen, dass sie die Pflanze erkennen.

Bildnachweis:
Photo Riesenbärenklau: Apaloosa (Wikimedia Commons, Gnu Free Documentation Licence)

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