>
Oliver Reiser

www.Chemie-im-Alltag.de

Warum ist der Kanarienvogel gelb?

von Christine Karl

Das richtige Futter macht's: Über die Rolle von Carotinoiden bei der Gefiederfärbung

Irgendwoher kennt ihn wahrscheinlich jeder – sei es als „Tweety“ aus der „Bugs Bunny Show“ oder sei es als kleinen gelben Sänger auf einem malerischen Balkon aus dem letzten Italien- oder Spanienurlaub – den Kanarienvogel. Aber warum ist er eigentlich gelb? - Und sind wirklich alle Kanarienvögel gelb?

Carotinoide - Farbstoffe der Natur

Der Frage nach dem Warum wurde bereits in den 20er- und 30er- Jahren des vergangenen Jahrhunderts nachgegangen. Zunächst stellte man fest, dass die Färbung von Kanarienvögeln fast ausschließlich durch Pigmentfarben oder deren Fehlen erzeugt wird. Für die weithin bekannte, gelbe Färbung sind, wie man heute weiß, bestimmte Carotinoide verantwortlich, die der Vogel über die Nahrung aufnimmt und „umbaut“. Carotinoide sind in vielen Pflanzen zu finden, z. B. in Gemüse, wie Paprika, Tomaten oder Karotten; in Panzern von Krebstieren, im Lachsfleisch aber auch im Herbstlaub. Die Vögel beziehen diese Farbstoffe aus bestimmten Getreide- oder Samenarten, wie z.B. Rübsen, oder auch aus Grünfutter. Carotinoide färben neben den Vogelfedern auch das Eigelb.

Für die Farben von Kanarienvögeln wird oft der Begriff „Lipochromfarbe“ (von griech.: lipos = Fett; chroma = Farbe) oder „Fettfarbe“ für die fettlöslichen Farbpigmente verwendet. Dies ist ein alter Begriff, der aus der Zeit stammt, als der Begriff „Carotinoid“ noch nicht festgelegt war. In der Kanarienzucht hat sich der Begriff erhalten, mit dem die Grundfarbe des Gefieders bezeichnet wird. Man weiß jedoch heute, dass es sich dabei eigentlich um Carotinoide, genauer gesagt, Xanthophylle handelt.

Was sind Carotinoide?

Carotinoide sind ungesättigte Kohlenwasserstoffe, die viele konjugierte Doppelbindungen aufweisen, auch Polyene genannt. Die Lichtabsorption eines Carotinoids wird durch seine Größe und die Anzahl seiner Doppelbindungen bestimmt. Je größer ein Carotinoid ist, und je mehr Doppelbindungen es besitzt, desto kräftiger erscheint uns die Farbe. Die Anzahl der Atome eines Moleküls bleibt dabei fast gleich, allerdings ändert sich die Anordnung der Atome untereinander. Solche Moleküle mit gleicher Atomzahl aber unterschiedlicher Anordnung nennt man auch Isomere. Nicht alle Carotinoide sind zueinander Isomere. Es gibt auch Abweichungen in der Art und Anzahl der Atome. Carotinoide werden allgemein in sauerstofflos und sauerstoffhaltig (= Xanthophylle) eingeteilt.  In Pflanzen kommt meist ein Gemisch aus beiden Carotinoid-Gruppen vor.

Warum ist Fanta so schön orange?

Das bekannteste Carotinoid ist sicherlich das beta-Carotin, das den Karotten die charakteristische orange Farbe verleiht und dessen Aufnahme für uns Menschen wichtig für den Sehprozess ist. In den 90er Jahren wurde plötzlich die Orangenlimonade Fanta deutlich oranger: Der Grund hierfür war aber nicht, dass ein höherer Orangenanteil für die Herstellung von Fanta verwendet wurde, sondern dass die Coca Cola AG die Erlaubnis erhielt, der Limonade beta-Carotin als Farbstoff zuzusetzen.

 

> > > WEITER zum zweiten Teil: Lutein, Ausgangsstoff für die gelbe Grundfarbe der Kanarienvögel